Edith Stein in Heidelberg / Benediktinerabtei Neuburg

Bezüge zu Edith Stein in Heidelberg / Benediktinerabtei Neuburg

Spuren in Heidelberg hat Edith Stein hinterlassen als die allererste Frau, die an der Universität Heidelberg einen Vortrag halten konnte. Am 2.12.1930 sprach sie im damals größten Hörsaal 13 vor dem Deutschen Akademikerverband zum Thema „Der Intellekt und die Intellektuellen“ (ESGA 16, 143-156). Von Speyer aus besuchte Edith Stein ab und zu gemeinsam mit älteren Schülerinnen Vorlesungen in Philosophie und Germanistik an der Heidelberger Universität.

Zuvor war sie 1916 als Touristin in Heidelberg und entdeckte gemeinsam mit Elisabeth Staiger, einer Göttinger Bekannten, die Sehenswürdigkeiten. Am meisten beeindruckte sie die Simultan-Kirche, die heute evangelische Heilig-Geist-Kirche am Marktplatz.

Von Speyer aus des Öfteren und auch auf der Durchreise nach Paris besuchte Edith Stein die Benediktiner-Abtei Stift Neuburg in Heidelberg-Ziegelhausen (Stiftweg 2, 69118 Heidelberg, Telefon: 06221/895-0, kloster@stift-neuburg.de).

Beate Beckmann-Zöller (2020)

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In Heidelberg, „dessen Zauber die alten Studentenlieder so verlockend besangen“ (ESGA 1, 169), wollte Edith Stein einmal gemeinsam mit ihrer Schwester Erna studieren, so träumte sie im Gymnasium. Doch daraus wurde nichts. Später wollte sie es „wenigstens kennenlernen“, auf einer ihrer Fahrten von Breslau nach Freiburg, wo sie inzwischen für Husserl arbeitete. (ESGA 1, 331) Im Juli 1916 lernte Edith Stein die Heidelberger Sehenswürdigkeiten durch ihre Göttinger Bekannte Elisabeth Stai­ger kennen. Sie war die Tochter des Göttinger Mathematikers Felix Klein, die Edith Stein 1915 bei Reinachs traf (ESGA 1, 313). Dieser Aufenthalt schließt sich an den Besuch in Frankfurt an oder umge­kehrt. „Ich habe das Heidelberger Schloß, den Neckar und die schönen Minnesängerhandschriften in der Universitätsbib­liothek gesehen und doch hat sich wieder etwas anderes tiefer eingeprägt als diese Weltwunder: eine Simultankirche, die in der Mitte (in Längsrichtung!) durch eine Wand geteilt ist und diesseits für den protestantischen, jenseits für den ka­tholischen Gottesdienst benützt wird.“ (ESGA 1, 332) Die trennende Wand ist 1936 entfernt worden. Es handelt sich um die evangelische Heilig-Geist-Kirche am Marktplatz in Heidelberg.

Von Speyer aus fuhr Edith Stein mit älteren Schülerinnen öfter zu Vorlesungen an die Heidelberger Universität. Z. B. half sie Sr. Agnella Stadtmüller 1925, den Einstieg in ihr Studium in Heidelberg zu meistern. Gemeinsam besuchten sie Vorlesungen beim Neukantianer Heinrich Rickert (1863–1936) und dem Dichter und Germanisten Friedrich Gundolf (1880–1931) in den Jahren 1925–1930.[1]

Am 2.12.1930 sprach dann Edith Stein im damals größten Vorlesungssaal Hörsaal 13 der Universität Heidelberg vor dem Deutschen Akademikerverband zum Thema „Der Intellekt und die Intellektuellen“ (ESGA 16, 143-156).[2] Eingeladen hatte sie Emil Vierneisel, der als Vorsitzender des katholischen Akademiker-Verbandes ihren Vortrag in Salzburg gehört hatte und eine begeisterte Besprechung im Pfälzer Boten (30.9.1930) veröffentlichte. Schon zuvor hatte P. Erich Przywara SJ ihn auf Edith Stein aufmerksam gemacht. Bei der Begrüßung erfuhr Edith Stein, so berichtet Uta von Bodman, die wie sie in Speyer Lehrerin war und sie dorthin begleitete, sie sei überhaupt „die erste Dame […], die in diesen heiligen Hallen der Universität Heidelberg sprach“[3].

Im Anschluss oder vor dem Vortrag wollte Edith Stein „sehr gern“ die „Soziale Frauenschule“ (später: Höhere Fachschule für Sozialarbeit) in Heidelberg besuchen, „wenn mir die Zeit reicht“, schrieb sie am 9.10.1930 (ESGA 2, Br. 109); wir wissen nicht, ob sie die Zeit dazu fand. In Br. 115 vom 23.11.1930 kündigt Edith Stein Emil Vierneisel an, schon um 14 Uhr anzureisen, um im Kloster Neuburg vorher noch „meditieren“ zu können: „Ich war seit Januar nicht in Neuburg und könnte dort vielleicht noch besser ‚meditieren‘ als hier.“ Edith Stein pflegte vor ihren Vorträgen eine Stunde dem stillen Gebet, der „Meditation“, zu widmen.

Am 24.8.1928 war das Priorat St. Bartholomäus in Heidelberg-Ziegelhausen zur Abtei erhoben worden. Sie knüpft an die wechselvolle Geschichte des mittelalterlichen Stiftes Neuburg an. Edith Stein kannte das Kloster recht gut, da sie öfter von Speyer aus dorthin fuhr.

Am 22.11.1931 war Edith Stein gebeten worden, für die Heidelberger Katholiken in der großen Stadthalle (ESGA 2, Br. 163, 28.6.1931) den Vortrag „Lebensgestaltung im Geist der heiligen Elisabeth“ zu halten. Sie war jedoch erleichtert, dass der Vortrag abgesagt wurde. Die Elisabeth-Jubiläumsfeier fand dennoch statt, war jedoch in eine Kirche verlegt worden. Vermutlich war dies der Grund, weshalb man auf Edith Stein als Rednerin verzichtete. (Vgl. Br. 161 und 178) Die Festrede hielt dann der Abt der Abtei Neuburg, Adalbert Graf von Neipperg (1890-1948, seit 1929 Abt in der Neugründung Neuburg).

Edith Steins Patin Hedwig Conrad-Martius weilte im September 1932 in Heidelberg wegen eines Aufenthalts in der Chirurgischen Klinik. Da Heidelberg auf ihrer Strecke nach Paris lag, unterbrach Edith Stein am 5.9. ihre Reise von Würzburg aus. Hedwig Conrad-Martius war bereits so erholt, dass sie gemeinsam die Abtei Neuburg besuchen konnten. Dort trafen sie den gemeinsamen Bekannten P. Petrus Jans[4] und P. Daniel Feuling. Dieser erzählt in seinen Erinnerungen[5], dass er Schwierigkeiten mit seinem französischen Referat für die Tagung in Paris/Juvisy hatte. Dorthin war ja auch Edith Stein unterwegs. Er schilderte ihm ihr Anliegen und sie besorgte ihm in Paris noch vor Beginn der Tagung eine Arbeit von Koyré, aus der er sich über die französische Terminologie unterrichten konnte.

Mit dem Abt des Stifts Neuburg, Adalbert Graf von Neipperg, war Edith Stein ebenfalls bekannt. Durch ihn lernte sie auch seine Schwester, Sr. Michaela (Maria) Gräfin von Neipperg, kennen, die Oberin der Benediktinerinnen in St. Lioba/Freiburg-Günterstal war. (Br. 237, 31.12.1932)

  1. Petrus Jans war ein gemeinsamer Bekannter von Edith Stein und ihrer Katechumena Hedwig Spiegel geb. Heß (vgl. Br. 320 Anm. 2). Sie hatte vor ihrer Vermählung in Heidelberg gearbeitet, daher kannte sie die Abtei Neuburg und P. Petrus. (Br. 396, 14.6.1935).

Am Morgen des Dienstags, 6.9.1932, wohnte Edith Stein im Kloster Neuburg noch der Matutin, den Laudes und der Prim und später dem Konventamt bei, sah noch einmal Daniel Feuling, Petrus Jans und Hedwig Conrad-Martius. Sie machte sich dort Notizen zu Diskussionsfragen für Juvisy und nahm dann den Zug nach Straßburg, wo sie um 16.45h eintraf. Jean Hering hatte ihr geschrieben, dass er sie an der Sperre, die es damals an allen größeren Bahnhöfen gab, abholen werde. (Br. 217)

Msgr. Wolfram Krusenotto (1927-2009), ergänzt durch Beate Beckmann-Zöller (2020)

[1] Adele Herrmann, Die Speyerer Jahre von Edith Stein, Speyer 1990, 189.

[2] Veröffentlicht in: „Das heilige Feuer“, Heft Mai/Juni 1931, Paderborn, 18. Jg., 1. Teil: Heft Nr. 8–9, S. 193–198, 2. Teil: Heft Nr. 10–11, S. 267–272; ESGA 16, 143–156.

[3] Herbstrith, Waltraud, Edith Stein. Jüdin und Christin, München 1995, S. 68.

[4] Malermönch (1887-1970), Br. 129 (4.1.1931), Br. 254 (3.5.1933), Br. 314 (12.4.1934).

[5] Original im Archiv des Kölner Karmel: G I/FE/1946. ESJ 2006, S. 16-22