Edith Stein in Aachen

Bezüge zu Edith Stein in Aachen

In Aachen hinterließ Edith Stein bleibende Spuren durch ihren Vortrag am 30.10.1931. Sie sprach in der Ursulinenschule Bergdriesch 32-36 zur Geschlechteranthropologie: „Der Beruf des Mannes und der Frau nach Natur- und Gnadenordnung“ (ESGA 13, 56-78).

Mit der Vorsitzenden des „Kath. Deutschen Frauenbundes“ Dr. Gerta Krabbel, Monheimsallee 61 stand Edith Stein in engem Kontakt, wie auch mit dem Hildegardis-Verein.

Später bestanden Verbindungen mit dem Aachener Karmel nach Köln und nach Echt.

Noch heute ist Edith Steins Erbe in Aachen präsent – in Verbindung mit der Spiritualität der dortigen Karmelitinnen – durch den „Edith-Stein-Kreis zur Förderung des Karmelitinnen-Klosters Aachen e.V.“, der 2004 gegründet wurde.

Adresse: Edith-Stein-Kreis Aachen e.V. c/o Karmelitinnnenkloster Paulusstraße 10, 52064 Aachen

https://karmelitinnen-aachen.de/Edith-Stein-Kreis/

Beate Beckmann-Zöller (2020)

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Edith Stein in Aachen

Ihren wichtigen Vortrag zur Geschlechteranthropologie „Der Beruf des Mannes und der Frau nach Natur- und Gnadenordnung“ (ESGA 13, 56-78), der auch heute für die Stellung von Mann und Frau – u.a. in der Kirche – weiter aktuell ist, hielt Edith Stein am 30.10.1931 an der Ursulaschule. Sie wurde 1891 als Höhere Töchterschule gegründet, bzw. von den Ursulinen aus dem Kloster Kalvarienberg in Ahrweiler übernommen und in den Folgejahren als Klosterschule und Realgymnasium ausgebaut. Die Mädchenschule wird ab dem Schuljahr 2021/22 koedukativ geführt, behält jedoch auch weiter eine „Mädchenklasse“. Seit 2014 steht die Schule in freier Trägerschaft der „Schulstiftung St. Ursula“.

Edith Stein war durch die Kath. Akademikervereinigung nach Aachen vermittelt worden, ihr Vortrag wurde im Echo der Zeit (Nr. 253, S. 4) angekündigt: „Heute spricht Frau Dr. Edith Stein, Breslau, über ‚Beruf des Mannes und der Frau nach Natur- und Gnadenordnung‘, 20 Uhr in St. Ursula, Eintritt für Nichtmitglieder 1,– Mk.“

In einer der folgenden Nummern besprach das Echo der Zeit den Vortrag ausführlich. Am folgenden Morgen soll Edith Stein der Hl. Messe im Aachener Dom beigewohnt haben. (ESGA 2, Br. 174, Anm. 3).

Neben der Kath. Akademikervereinigung war auch der Kath. Deutsche Frauenbund mit Sitz in Aachen an Vorträgen und Aufsätzen Edith Steins interessiert. Am Tag vor ihrem Vortrag traf sich die Bildungs-Kommission des Kath. Deutschen Frauenbundes im Haus der Vorsitzenden, Gerta Krabbel (1881-1961), Monheimsallee 61, wozu auch Edith Stein eingeladen war. Gerta Krabbel war seit 1926 Vorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbundes und kannte Edith Stein von der Tagung am 8.11.1930 in Bendorf, die hinsichtlich der Diskussion nicht so glücklich für Edith Stein verlief (Br. 116). Krabbel war auch Schriftleiterin der Zeitschrift Die christliche Frau, Organ des Frauenbundes, und hat wiederholt Aufsätze Edith Steins aus deren Klosterzeit darin veröffentlicht. (ESGA 2, Br. 116)

Am 8./9.10.1932 nahm Edith Stein an einer weiteren Sitzung im Hause der Vorsitzenden Gerta Krabbel teil (Mitteilung von Emmy van Wersch geb. Schweitzer, damals Sekretärin im KDFB, vom 15.10.1975). Darüber schrieb Edith Stein:

„Im Bildungsausschuß des Kath. Frauenbundes war eine Aussprache über ‚Die geistige Haltung der jungen Generation‘, als Grundlage dafür am Samstagabend ein Vortrag von Prof. [Alois] Dempf – Bonn. Er ist ein prächtiger Mensch, Oberbayer, urwüchsig und grundehrlich. Er hat die 1. Welle der Jugendbewegung vor dem Krieg selbst mitgemacht, gehörte mit Prof. Platz – Bonn u. Brüning zu dem ersten liturgischen Kreis in Deutschland. Das machte alles sehr lebendig.

Von den führenden Frauen des Rheinlands, die da waren, sind mir viele ja nun schon von früheren Veranstaltungen bekannt und einige ohne nähere persönliche Beziehungen, rein durch die Gemeinsamkeit der Einstellung, stark innerlich verbunden. Dazu gehört vor allem Annie Bender, die Sr. Agnella aus Belgien kennt. Zu manchen andern, bei denen ich damals in Bendorf auf eine starke Opposition stieß, hat sich nun auch ein freundliches Verhältnis hergestellt, obwohl die Gegensätze in solchen Aussprachen immer wieder hervortreten.

Es sind doch alles Menschen von einem sehr ernsten Wollen, die ihre ganze Persönlichkeit an ihrem Posten einsetzen, und davor muß man Achtung haben. Außerdem verstehe ich jetzt so gut, daß ich auf Menschen, die mitten im Leben stehen, damals sehr befremdend wirken mußte. Denn ich merke erst jetzt, wo ich selbst draußen stehe, wie völlig fremd mir die Welt geworden ist und welche Mühe es mich kostet, den Anschluß wieder zu finden. Ich glaube nicht, daß es je wieder ganz gelingen kann.“ (ESGA 2, Br. 223, 11.10.1932)

Eine weitere Verbindung nach Aachen war der dort ansässige „Hildegardis-Verein“ (jetzt Bonn), der älteste Verein zur Förderung von Frauenstudien. Eine Festschrift sollte 1932 erscheinen, um in aller Stille sein 25jähriges Bestehen zu feiern, bevor er 1941 geschlossen und sein Vermögen von den Nationalsozialisten konfisziert wurde.

Er war u. a. von Maria Schmitz (1875-1962) in ihrer Heimatstadt Aachen gegründet worden, die zunächst I. Vorsitzende war, bevor sie ab 1916 bis 1953 als I. Vorsitzende des „Vereins katholischer deutscher Lehrerinnen“ wirkte. In dieser Funktion hatte sie Edith Stein zu ihrer Stelle in Münster ab Februar 1932 verholfen. (ESGA 2, Br. 191, Anm. 2)

Zur Festschrift des Hildegardis-Vereins Gedanken zum 25j. Bestehen des Vereins – 1907–1932 steuerte Edith Stein – auf Bitten der damaligen Vorsitzenden Alice Zacharias, die auch Mitglied im „Verein katholischer deutscher Lehrerinnen“ war (ESGA 2, Br. 205, 11.6.1932) –, den kleinen Aufsatz „Sendung der katholischen Akademikerin“ (ESGA 13, 223–224) bei, den sie im Sommer 1932 nach Aachen schickte.

Für den Herbst 1932 war geplant, dass Edith Stein „in Aachen einen Kursus über die Anthropologie des hl. Thomas von Aquino“ halten solle, wohl auch vom Kath. Akademiker-Verein organisiert. (ESGA 2, Br. 211, 8.7.1932) „Ich habe aber noch die Hoffnung“, schrieb sie, „daß er nicht zustande kommt, weil doch kaum viele Leute heute die Kosten für so etwas aufbringen können. Ich wäre froh, wenn ich die Ferien für ruhige Arbeit verwenden könnte.“ Am 28.8.1932 (Br. 216) schreibt sie erleichtert: der Kurs kommt „zum Glück für mich nicht zustande“.

Auf der Sitzung des Kath. Dt. Frauenbundes in Aachen im Oktober 1932 hatte Edith Stein auch Fräulein Dr. Elisabeth Cosack (1885-1936) kennen gelernt, die wusste, dass Edith Stein sich für den Karmel interessierte. Da ihre Freundin, Sr. Marianne von Gott (Gräfin Praschma), Karmelitin in Köln war, kamen die beiden ins Gespräch.

Und als Edith Stein im April 1933 das Gefühl hatte, sie hätte nun von Gott her die „Erlaubnis“, in den Karmel einzutreten, da nahm sie mit Elisabeth Cosack über ihre Katechumena Hedwig Spiegel Kontakt auf, um sich bei ihr über den Kölner Karmel zu informieren.

Elisabeth Cosack war Oberstudienrätin in Aachen und Schriftleiterin von Frauenland, einer Zeitschrift des Katholischen Deutschen Frauenbundes. Mitte Mai 1933 – nach einem längeren Spaziergang im Kölner Stadtwald – gingen beide in den Karmel Köln-Lindental. Und während Elisabeth Cosack die Gespräche mit den Schwestern führte, betete Edith Stein in der Karmel-Kirche neben dem Altar der hl. Therese von Lisieux. (ESGA 1, 351f.) „Es kam über mich die Ruhe des Menschen, der an seinem Ziel angelangt ist“, schrieb sie über diese Situation. Und so war es – sie durfte im Karmel ihr Ziel finden.

Zu Edith Steins Profess am Ostermorgen 21.4.1935 erhielt sie aus Aachen ein Telegramm (Br. 383, 20.4.1935) mit Segenswünschen von Gerta Krabbel und Helene Helming (1888-1977). Letztere war ebenfalls Mitglied des Kath. Dt. Frauenbundes und bis Ende 1935, zur Amtsenthebung durch das nationalsozialistische Regime, Leiterin des Sozialpädagogischen Seminars (Fröbelseminar) der Stadt Aachen.

Nach dem Krieg leitete sie die Pädagogische Akademie in Essen. Außerdem war Helene Helming Begründerin der Montessori-Vereinigung, zeitweise Mitherausgeberin der Zeitschrift Die Schildgenossen, darüber hinaus Mitarbeiterin Romano Guardinis und vieler anderer Persönlichkeiten des katholischen Lebens. Außerdem erhielt sie das Bundesverdienstkreuz und den Orden Pro ecclesia et pontifice. Das obige Telegramm ist das bisher einzige aufgefundene Zeugnis einer Verbindung dieser bedeutenden Aachener Persönlichkeit mit Edith Stein.

Als Edith Stein bereits ihre Einkleidung und ersten Gelübde hinter sich hat, schrieb sie mehrere Rezensionen der neu erschienenen Deutschen Thomas-Ausgabe (Band 1, 2, 5, 25) und schickte sie nach Aachen an Gerta Krabbel, Schriftleiterin der Zeitschrift Die christliche Frau.[1] Danach hat sie eine weitere Rezension vergeblich eingesandt, die ohne Begründung nicht veröffentlicht wurde. Am 1.8.1935 antwortete Gerta Krabbel bereits zögerlich auf Edith Steins Anfrage, ob sie ein Rezensionsexemplar der Summe wider die Heiden (Thomas von Aquin) erhalten könne: „Gerne will ich mich bemühen, die Übersetzung der Summa contra gentiles für Sie zu bekommen. Nur möchte ich Sie dann bitten, die Besprechung nicht über zwei Druckseiten zu schreiben. Ich denke, Sie werden uns in dieser Zeit aus der Stille und Gottgeeintheit Ihres Lebens mit Ihrem Gebet besonders nahe sein. Es lasten sehr schwere Sorgen auf uns; das wissen Sie ja.“ (ESGA 3, Br. 406).

Was hatte das zu bedeuten? Endlich, am 19.4.1936 schreibt Edith Stein, dass ihr ein Licht aufgegangen sei, warum ihre Arbeiten nicht mehr gedruckt werden – der Grund ist ihre jüdische Herkunft, durch die sie inzwischen selbst eine katholische Zeitschrift in Gefahr gebracht hätte: „G.[erta] K.[rabbel] hat sicher eingesehen, daß sie ihre Zeitschrift nicht mehr durch meine Mitarbeit gefährden darf, hat aber noch nicht den Mut gehabt, es mir zu schreiben. Die Erleuchtung kam mir, als ich erfuhr, daß ich nicht mehr wahlberechtigt sei. Eine Bestätigung habe ich noch nicht, werde sie mir aber bald mal verschaffen. Bitte, regen Sie sich darüber nicht auf. Ich bin seit langem auf viel Schlimmeres gefaßt.“ (ESGA 3, Br. 450)

Nach dieser Erkenntnis „emigrierte sie publizistisch“ in die Schweiz, dort erschien ihre nächste Rezension zu Bd. 27 der Deutschen Thomas-Ausgabe in Die katholische Schweizerin, deren Schriftleiterin ihre Schweizer Freundin Hilde Borsinger war (siehe Zürich / Schweiz).[2] Die beiden Bände der Thomas-Übersetzung „Summe wider die Heiden“ hat Edith Stein tatsächlich erhalten, sie befinden sich in ihrem Nachlass im Edith-Stein-Archiv Köln. Aber die Rezension der „Summe wider die Heiden“, die sie zusammenfasste mit der Rezension von Band 4 der Thomas-Ausgabe und weiteren Thomas-Übersetzungen (ESGA 27, 217-19), konnte auch in Die katholische Schweizerin nicht mehr gedruckt werden; das Manuskript fand sich im Nachlass von Hilde Vérène Borsinger, ging in den Kölner Karmel über (A07-08) und konnte erst in ESGA 27 (217-19) veröffentlicht werden.

 

Als Edith Stein bereits in Echt war, bekommt sie Anfang Februar 1939 einen Brief aus Köln, in dem eine Verbindung zum Aachener Karmel zur Sprache kommt. (ESGA 3, Br. 597) Seit 1662 leben Karmelitinnen in Aachen, zunächst in der Pontstraße (noch heute besteht dort die „Theresienkirche“), ab 1869 in der Lousbergstraße und seit Mai 2009 im Kloster am Lindenplatz. 1896 begründete eine Schwesterngruppe aus dem Karmel in Aachen den Karmel in Köln (zunächst in der Steinfelder Gasse, dann in Lindenthal) wieder. Die Verbindung zu Edith Stein ist ein Bericht über die Zeremonie der Einkleidung von neuen Schwestern in Köln. Dazu musste extra die Pfortenschwester Veronika (Anna) Gausmann (vom Hlst. Antlitz OCD) von Aachen nach Köln kommen, denn um bestimmte Dienste außerhalb der Klausur zu tätigen, benötigte man die „Pfortenschwestern“, die nicht an die Klausurregeln gebunden waren. Zur damaligen Zeit war es einfach undenkbar, dass man die Klausur für die Zeremonien der Einkleidung und für der Bedienung der Gäste verlassen könnte. Auch von den Schließungen der Karmel-Klöster in Aachen, Düren, Luxemburg und Pützchen bei Bonn wurde Edith Stein berichtet; nachdem den Schwestern von den Nationalsozialisten die Häuser genommen worden waren, kamen einige Karmelitinnen auch aus Aachen in den Karmel Köln-Lindenthal.

Amata Neyer (1922-2019) / Beate Beckmann-Zöller (2020)

[1] Sie erschienen 1934 (Heft 8/9, S. 245-252; Heft 10, 276-281); 1935 (Heft 4, 118-120); 1936, Heft 1, 26-28. (ESGA 27, 192-217).

[2] 23. Jg., Nr. 10, 15.7.1936, 315-316.

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