Göttingen

Universität Göttingen

1913 geht Edith Stein nach Göttingen, vor allem, um bei Edmund Husserl die neue philosophische Richtung der „Phänomenologie“ zu studieren. Sie hört auch Max Scheler und andere namhafte Professoren und ist besonders beeindruckt von Adolf Reinach, Privatassistent Husserls und habilitierter Privatdozent.  

Haus „Lange Geismar-Straße 2

Am Haus „Lange Geismar-Straße 2“, wo sie anfangs wohnte,  ist eine Erinnerungstafel angebracht.

Göttinger Edith-Stein-Kreis

Darüber hinaus hält der Göttinger Edith-Stein-Kreis die Erinnerung an sie lebendig. Er bietet Stadtführungen auf den Spuren Edith Steins an und verleiht seit 1995 alle zwei Jahre einen Edith-Stein-Preis an Persönlichkeiten, Gruppierungen und Institutionen, die sich in ihrem sozialen, politischen und gesellschaftlichen Engagement in hervorragender Weise ausgezeichnet und bewährt haben. Der Preis ist mit 5000,- Euro dotiert. 

http://www.edith-stein-kreis.de


 

zu Edith-Stein-Gedenk-Orten

Literatur

Göttingen

  • Beckmann-Zöller, Beate / Heidhues, Mary, Edith Stein.
    Studentin in Göttingen 1913-1916, Münster 2020
  • Mary Heidhues, „Ich war 21 Jahre alt und voller Erwartung dessen, was nun kommen sollte.“ 
    Edith Stein und ihre Göttinger Zeit, Hrsg. Edith-Stein-Kreis Göttingen

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Edith Stein kam im April 1913 nach Göttingen, um bei dem Phänomenologen Edmund Husserl Philosophie zu studieren. Am 14./15. Januar 1915 bestand sie das Staatsexamen mit Summa cum laude. Bei dieser Gelegenheit konnte sie auch Husserl den Entwurf ihrer Doktorarbeit vorlegen. Da Husserl zum Sommersemester 1916 nach Freiburg ging, konnte Edith Stein ihr Rigorosum nicht, wie geplant, in Göttingen ablegen. Sie ist aber immer wieder für einen Tag oder für einige Wochen nach Göttingen gekommen, so am 31.12.1917 zur Beerdigung Reinachs und im Frühjahr 1918 zur Durchsicht seines philoso­phischen Nachlasses. Das letzte Mal fuhr sie im März 1921 dorthin, „der größten Entscheidung meines Lebens entgegen“[1].

Göttingen ist für ihr Philosophieren wichtig geworden, Hus­serl, Scheler und Reinach hörte sie hier. Noch wichtiger wur­de die Göttinger Zeit für die Formung ihrer Persönlichkeit und für ihre Hinwendung zum Glauben. In Breslau, schreibt sie, „lebte ich in der naiven Selbsttäuschung, daß alles an mir recht sei: wie es bei ungläubigen Menschen mit einem hoch­gespannten ethischen Idealismus häufig ist“ [2]. In Göttingen be­gegnen ihr Menschen wie Adolf Reinach, seine Frau Anne und seine Schwester Pauline und sie stellt fest: „Es war zum ersten Mal, daß nicht ich der führende und umworbene Teil war, sondern daß ich in den andern etwas Besseres und Höheres sah, als ich selbst war.“[3]

Rückblickend auf ihre Studien­zeit sagt sie: „Ich hatte in Göttingen Ehrfurcht vor Glaubens­fragen und gläubigen Menschn gelernt.“[4] Zuweilen ging sie hier mit ihren Freundinnen in eine evangelische Kirche. Aber den Weg zu Gott hatte sie noch nicht gefunden. Erst die Begegnung mit Anne Reinach nach dem Tode ihres Mannes und die Durchsicht der Notizen zur Religion, die Adolf Reinach im Felde gemacht hatte, führten dazu, dass sie sich „mehr und mehr zu einem positiven Christentum durchgerungen“[5] hat, wie sie am 10.10.1918 an Roman Ingarden schrieb.

Von ihrem letzten Göttingen-Aufenthalt aus fuhr Edith Stein 1921 nach Bergzabern, wo sie nach der Lektüre der Vita der hl. Teresa von Ávila, den Entschluss fasste, katholisch zu werden. Was aber war dann jene größte Entscheidung ihres Lebens, die sie in Göttingen im März 1921 getroffen hat? Es kann sich kaum um etwas Geringeres handeln, als die Bereitschaft zu einem Leben der Hingabe an Gott in der Ehelosigkeit.

[Ergänzung durch Dr. Beate Beckmann-Zöller, 2020:] Denn hinter dieser Entscheidung stand auch ihre enttäuschte Hoffnung, eine Ehe mit Hans Lipps eingehen zu können, dem sie 1919-21 zur Habilitation bei ihrem Cousin Richard Courant verhalf. Hans Lipps war Protestant und hielt nicht viel von dem „Klub“ unter den Phänomenologen, die täglich in die Messe gingen[6]. Als Edith Stein jedoch aus der Bibliothek der Familie Reinach im Mai 1921 das Buch über das Leben der Teresa von Ávila geschenkt bekam – sie suchte es sich selbst aus –, da entschied sie sich, in die katholische Kirche einzutreten.[7] (Vgl. Artikel „Edith Steins Bekehrung“, unter „Edith Stein – Thematisch“) Das sollte ihr erster Schritt in den Orden der Karmelitinnen sein, so dachte sie, bis sie realisierte, wie schwer bereits dieser Schlag für ihre Mutter war, als sie ihr die Taufe beichtete[8]. Es war also die „größte Entscheidung ihres Lebens“, gegen die – wohl eh aussichtslose – Hoffnung auf eine Ehe mit Hans Lipps und für die Ehelosigkeit in der katholischen Lebensform des Ordens, der sie entgegenfuhr. In Bergzabern ging sie den ersten konkreten Schritt, indem sie Dekan Breitling um die katholische Taufe bat und die Taufvorbereitung begann.[9]

Man kann die Altstadt Göttingens und die nächste Umge­bung auf den Spuren Edith Steins anhand ihrer Beschrei­bung in „Von den Studienjahren in Göttingen“[10] durchstreifen, ausgehend von dem Haus Lange Geismarstr. 2, an dem die Gedenktafel für sie ange­bracht ist. Beenden könnte man den Rundgang auf dem Alten Stadtfriedhof am Grabe Adolf Reinachs.[11]
Dr. Marianne Zingel (ergänzt durch Beate Beckmann-Zöller, 2020)

Literatur

[1] ESGA 1, 189
[2] ESGA 1, 151
[3] ESGA 1, 252
[4] ESGA 1, 260
[5] ESGA 4, Br. 53
[6] ESGA 1, 330
[7] Aussage von Pauline Reinach, 1965: „Im Lauf des Sommers 1921, als die Dienerin Gottes [Edith Stein] im Begriff war, von uns [Pauline und Anne Reinach in Göttingen] wegzugehen, luden sie meine Schwägerin und ich ein, ein Buch aus unserer Bibliothek auszuwählen. Ihre Wahl fiel auf eine Biographie der hl. Teresa von Ávila, von ihr selbst geschrieben. Über dieses Detail bin ich mir absolut sicher.“ Beatificationis et Canonizationis Servae Dei Edith Stein. Summarium super dubio: An eius Causa introducenda sit. Roma, 1983, 437.
[8] ESGA 1, 351
[9] Beate Beckmann-Zöller (2020). Vgl. Herbstrith, Waltraud, „Hans Lipps im Blick Edith Steins“, in: Dilthey-Jahrbuch 6, 1989, 31-51.
[10] ESGA 1, 189-261
[11] Vgl. den Rundgang in: Heidhues, Mary / Beckmann-Zöller, Beate, Edith Stein – Studentin in Göttingen 1913-16, Kevelaer 2021

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