Reisebericht eines Teilnehmers über die Fahrt nach Breslau, Auschwitz und Krakau vom 10.–15.04.2023

Der Veranstalter der Reise war die Katholische Erwachsenenbildung im Erzbistum Bamberg e.V. (KEB) in Kooperation mit der Katholischen Erziehergemeinschaft Oberfranken (KEG) und der Edith-Stein-Gesellschaft Deutschland (ESGD). Die Organisation und die Leitung der Reise lag in den Händen von Dr. Cordula Haderlein, Mitglied und Beirätin der ESGD.

Wir waren 10 Teilnehmer, was für das Zusammenfinden und den Austausch untereinander ein großer Gewinn war. Einen besonderen herzlichen Dank möchte ich an die Katholische Erwachsenenbildung im Erzbistum Bamberg e.V. aussprechen, da sie das durch die kleine Teilnehmerzahl entstandene Defizit übernahm und dadurch die Reise erst ermöglichte.

  1. Reisetag: Am 10. April startete der Bus zur ersten Station nach Breslau. Nach dem Bezug des Hotels fand eine Stadtführung durch Breslau statt. Zuerst mit dem Bus und anschließend zu Fuß. Unsere Stadtführerin, Frau Bardzik-Miloz, war bereits bei den vergangenen Reisen dabei und ist selbst Mitglied der Edith-Stein-Gesellschaft in Breslau. Frau Bardzik-Miloz ist in Breslau geboren und wohnt noch dort. Sie war ein großer Gewinn für die Reisegruppe, da sie mit Herz und Fachwissen uns Edith Stein, ihr Elternhaus und ihre Geburtsstadt näherbrachte. Angekommen im Wohnhaus der Familie Stein hielt Frau Dr. Haderlein im großen Wohnzimmer einen Einführungsvortrag über das Leben Edith Steins. Danach konnten wir das Haus mit den noch verbliebenen Möbeln und Bildern besichtigen. Auch wenn ich schon das zweite Mal im Edith-Stein-Haus war, war es für mich noch immer beeindruckend. Ihr Geist scheint noch darin zu leben. Um 19.15 besuchten wir den Gottesdienst in der Michaeliskirche, in der Edith Stein oft gebetet hat. Anschließend hielten wir in der Edith-Stein-Kapelle, welche sich links im Eingangsbereich der Kirche befindet, eine kurze Besinnung.
  1. Reisetag: Mit Frau Bardzik-Miloz gingen wir zur Dominsel, dort besuchten wir den Breslauer Dom, anschließend weiter über die Oder zur Universität zur Besichtigung der Aula Leopoldina. Diese wurde nie zerstört und wird noch heute offiziell für universitätsöffentliche Anlässe genutzt. Edith Stein ging von zu Hause oft den Weg über die Dominsel zur Universität.

    Wir verließen Breslau und besuchten auf dem Weg nach Oświęcim (der polnische Name der Stadt, die fünf Jahre lang den deutschen Namen Auschwitz trug und die zum Symbol für den Holocaust geworden ist) den jüdischen Friedhof, heute ein Museum, auf dem Auguste und Siegfried Stein, die Eltern Edith Steins, ihre letzte Ruhestätte fanden. Von unserer Stadtführerin erhielten wir noch viele Informationen an Gräbern großer Breslauer Persönlichkeiten, welche hier ihre letzte Ruhestätte fanden.

    In Oświęcim nahmen wir für 3 Nächte Quartier im „Zentrum für Dialog und Gebet“. Das Zentrum für Informationen, Begegnung, Dialog und Erziehung entstand im Jahr 1992.

    Es ist eine Einrichtung der katholischen Kirche, die der Krakauer Erzbischof Kardinal Franziscek Macharski mit Unterstützung anderer Bischöfe aus ganz Europa und in Absprache mit Vertretern jüdischer Organisationen errichtet hat. Nach dem Abendessen trafen wir uns zum Austausch über unsere Beweggründe, diesen Ort zu besuchen. Dabei entstand in unserer Gruppe eine besondere Nähe zur Zeit des Zweiten Weltkriegs und zum Geschehen in Auschwitz, da viele noch aus ihren Erinnerungen eine Verbindung zu dieser Zeit spüren, sei es über Eltern oder Verwandte und sich auch spirituell mit Edith Stein verbunden fühlen.

    Eine Teilnehmerin kannte persönlich Nina Schenk Gräfin von Staufenberg, die Witwe von Claus Schenk Graf von Staufenberg, der das Attentat vom 20. Juli 1944 verübte. Dieser Austausch war für uns alle bewegend.

  1. Reisetag: Der Tag stand im Zeichen der am 20. Januar 1942 stattgefundenen Wannseekonferenz und dem Beschluss zur „Endlösung“ der Judenfrage. Die Führung im Stammlager Auschwitz zeigte uns die für uns undenkbare Grausamkeit, zu der Menschen fähig waren. Es waren brutale SS-Soldaten und kriminelle Gefangene aus dem Lager Sachsenhausen, welche eine Freude daran hatten, Menschen aus reiner Willkür zu quälen und zu foltern, oft bis zum Tode. Nicht wenige Deportierte veränderten ihre bisherige Persönlichkeit und ihr Verhalten durch die selbst erlittenen und erlebten Grausamkeiten im Lager und wurden selbst zu Gehilfen des Lagerterrors, auch um – zumeist vergeblich – ihr eigenes Leben zu erhalten. Ein für uns nicht nachvollziehbares Grauen.

    Am Nachmittag erhielten wir eine Führung durch das Lager Birkenau. Ein Lager, das ausschließlich zur industriellen Menschenvernichtung errichtet wurde. Birkenau war früher ein Dorf. Die Bevölkerung aus dem ganzen Dorf wurde vertrieben, die Häuser abgerissen und mit den vorhandenen Steinen wurden Baracken gebaut. Die Züge mit den unschuldigen Menschen rollten direkt ins Lager bis zur sogenannten Rampe. Angekommen an der Rampe wurden die Menschen direkt aus dem Viehwagon zur Gaskammer geschickt. Viele mussten vor den Kammern noch warten, weil die zuvor vergasten Menschen noch nicht entsorgt waren. Weit hinten im Gelände gingen wir zum Weißen Haus, in dem vermutlich Edith Stein ermordet wurde. Ihre Asche soll in den angrenzenden Wiesen verstreut sein. Es war ein ehemaliges Bauernhaus, das zur Gaskammer umgebaut wurde. Danebenstehende Stelen erinnern daran. Erst im Jahr 1942 sind nacheinander die zwei großen Gaskammern und Verbrennungsöfen gebaut worden.

    Nach dem Abendessen waren wir zum Dialog mit Pfarrer Deselaers eingeladen, der uns die Arbeit des „Zentrums für Dialog und Gebet“ näherbrachte. Er vermittelte uns eindringlich, dass auch wir uns selbst in unserer Gesellschaft einbringen müssen, damit so etwas nie mehr geschehen kann. Des Weiteren erklärte er uns, wie wichtig der Besuch an diesem Ort gerade für uns Deutsche ist: Versöhnung kann nur im Dialog von Tätern und Opfern stattfinden. Sicher sind unsere und die nachfolgenden Generationen nicht mehr die Täter, jedoch müssen wir uns unserer Verantwortung der Versöhnung stellen und auch dankbar sein, wenn sie geschieht.

  1. Reisetag: Morgens gingen wir mit Pfarrer Deselaers im Schweigen den Kreuzweg durch das Lager Birkenau. Eine Meditation knüpfte an die Tradition des Kreuzwegs der polnischen Kirchengemeinde von Brzezinka (Birkenau) an. Auf dem Weg wollten wir derer gedenken, die hier in Auschwitz-Birkenau ermordet wurden. Pfarrer Deselaers begleitete uns auf dem Weg im Schweigen. Jeder Teilnehmer las eine Station, anschließend verweilten wir noch an dem Ort in Stille. An manchen Stationen versagte die Sprache, war es nicht möglich, den Text vollständig zu lesen. An dem Haus, in dem Edith Stein ermordet wurde, gedachten wir ihrer in einer kurzen Stille.

    Am Nachmittag besuchten wir in Harmęże das „Gedächtnislabyrinth“, eine Ausstellung in Bildern eines Überlebenden des Konzentrationslagers, im Untergeschoss des Franziskanerklosters. Erst 50 Jahre nach seiner Befreiung konnte er die Eindrücke und Erinnerungen an vielen Bildern aufarbeiten und darstellen. Eine beeindruckende Bildergalerie, von der ein Buch mit einem Auszug der Bilder erworben werden konnte.

    Wir fuhren weiter nach Oświęcim zum Besuch der Synagoge. Nach einer kurzen inhaltlichen Einführung war Zeit für das stille Gebet, für die Besichtigung eines Museums über die jüdische Geschichte Oświęcims oder auch zu einem Besuch im Café Bergson. Nach dem Abendessen beschlossen wir unsere Zeit in Oświęcim mit einem Gottesdienst im „Zentrum für Dialog und Gebet“, von Pfarrer Deselaers zelebriert und zu unserem Thema der Reise gestaltet.

  1. Reisetag: Fahrt nach Krakau und bis 15 Uhr freie Zeit für eine Stadtbesichtigung oder auch einfach zum Verweilen in dieser sehr schönen historischen Stadt. Am Nachmittag stand Schindlers Fabrik auf unserem Programm. Hier befindet sich heute ein Museum, in dem wir mehr über die Besetzung Krakaus durch die SS und die Vertreibung der Juden aus dem Stadtbezirk erfahren konnten. 15000 Juden mussten in den Wohnungen des Stadtteiles Podgórze unterkommen, in denen zuvor 3000 Menschen gewohnt hatten. Der Stadtteil wurde zum Getto, mit einer hohen Mauer umschlossen. Gewalt und Denunzierung waren überall präsent. Viele Juden wurden ermordet.

    Weiter ging es mit einer Führung durch das jüdische Viertel Kazimiers, vorbei an den Synagogen, einem alten Friedhof und einer Erklärung zur Stadtgeschichte. Danach zum Klesmer’s Hois, wo wir zu Abend aßen und anschließend mit Jiddischer Musik unterhalten wurden. Dabei gingen uns nochmals die Bilder der letzten Tage durch den Kopf: Leben, Sterben und Betroffensein.

  1. Reisetag: Lange Rückreise nach Bamberg und wohlbehütetes Ankommen in Bamberg.

Zum Schluss nochmals herzlichen Dank an Dr. Cordula Haderlein, ich denke auch im Namen der Edith Stein Gesellschaft Deutschland, für Ihren Einsatz der Vorbereitung, die einfühlsame Reisebegleitung, den Vortrag und die Einführung zu Edith Steins Leben und Wirken.

Auch Dank dafür, dass sie die Reise nun schon zum vierten Mal durchführte und sie voraussichtlich 2026 wieder anbieten will. Interessenten hierfür können sich bei der Edith-Stein-Gesellschaft Deutschland vormerken lassen.

Johann Wagner

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